Dokumentation der Tagung "Arbeiten mit Menschen – Interaktionsarbeit humanisieren" vom 10.09.2020

20.11.2020

Am 10. September 2020 fand die 4. bundesweite Veranstaltung in der Reihe „Arbeit mit Menschen – Interaktionsarbeit humanisieren“ statt. Ungefähr 40 Teilnehmer*innen nahmen in Berlin und über 80 Personen via Web teil. Dabei kamen Betriebs- und Personalräte sowie Mitarbeiter*innen- und Schwerbehindertenvertreter*innen wie auch Wissenschaftler*innen und hauptamtliche ver.dian*innen sowie Organisationsberater*innen zusammen.

Zum Einstieg zeigte Dr. Nadine Müller vom Bereich Innovation und Gute Arbeit, der diese Veranstaltungsreihe organisiert, in ihrem Vortrag den Zusammenhang zwischen Digitalisierung und der Zunahme interaktiver Arbeit auf. Sie machte u.a. auf die besonderen Belastungen bei interaktiver Arbeit aufmerksam. Arbeitsintensität ist dabei ein zentrales Problem. Um interaktive Arbeit gut und human zu gestalten, ist u.a. bei den identifizierten „Stresstreibern“ anzusetzen. Die grundlegende Beteiligung der Beschäftigten bei der Digitalisierung und Technikentwicklung ist ein wichtiger Bestandteil und Ausgangspunkt für Gute Arbeit.

Der Vortrag endete mit ver.di-Impulsen für die Forschung sowie mit dem Hinweis auf ein Befragungsergebnis: ein großer Teil der interaktiv Tätigen ist der Auffassung, dass ihr Einkommen ihrer Leistung nicht gerecht wird; nur 22% meinen, dass ihr Einkommen die Anforderungen interaktiver Arbeit berücksichtigt.

Im ersten Teil der Veranstaltung

… wurden drei aktuelle Forschungsprojekte der BMBF-Förderlinie: „Arbeiten an und mit Menschen“ mit ihren Forschungsansätzen vorgestellt:

  • Metaprojekt „Interaktionsarbeit: Wirkungen von und Gestaltung des technologischen Wandels“
    Dr. Nadja Dörflinger von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
  • Projekt „Digitaler Engel“
    Jan Digutsch vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund
  • Projekt „Unterbrechungsmanagement bei digital gerahmter Interaktionsarbeit“
    Dr. Margit Weihrich von der Universität Augsburg

Dadurch wurden unterschiedliche inhaltliche Forschungsansätze, Zielsetzungen, Vorgehensweisen und auch Spannungsfelder deutlich. In den anschließenden Kommentaren und der Diskussion wurden u.a. folgende Fragen gestellt:

  • Steht bei den Forschungsprojekten in dieser Förderlinie die Arbeit mit Menschen als Kund*innen, Patient*innen und die menschengerechte Gestaltung von Interaktionsarbeit im Vordergrund? Werden dabei die besonderen Anforderungen, Tätigkeiten sowie Leistungen bei der Arbeit mit Menschen berücksichtigt?
  • Werden Beschäftigte im Forschungsdesign entsprechend einbezogen und beteiligt? Wie steht es dabei um die gesetzliche Mitbestimmung?
  • Welche Methoden werden hierzu eingesetzt?
  • Mit welcher Zielstellung wird bei diesen Projekten Technikgestaltung und Digitalisierung, z.B. Assistenzsystementwicklung, forciert? Werden dabei die Eigenheiten und Besonderheiten von Interaktionsarbeit für eine gute und persönlichkeitsförderliche Arbeitsgestaltung berücksichtigt? Und wem nutzt diese Technikentwicklung?

Kommentiert wurden die Projekte von

  • Anke Thorein, ver.di-Bereich Innovation und Gute Arbeit;
  • Dr. Guido Becke, Universität Bremen;
  • Stefan Härtel – Betriebsratsvorsitzender des Gesundheits-Campus Klinikum Frankfurt (Oder)

Der zweite Teil

… begann mit Beschäftigtenstatements via Web, die eindrücklich besondere Anforderungen und Bedingungen in zwei Bereichen der Arbeit mit Menschen vor Augen führten. Daraufhin wurden zwei tarifliche Branchenansätze bzw. –modelle vorgestellt, welche die besonderen Anforderungen von Interaktionsarbeit in ihren Entgeltstrukturentwürfen aufgenommen haben:

  • Einzelhandel - Heike Lattekamp
    ver.di-Landesfachbereichsleiterin Handel Hamburg
  • Bankenbereich - Jan Duschek
    ver.di Bundesfachgruppenleiter Bankgewerbe und Tarifkoordinator

Im Anschluss gab es einen umfassenden Beitrag zur Arbeitsbewertung von Petra Ganser von der Tarifpolitischen Grundsatzabteilung der ver.di. Hier wurde auch das Entgeltgleichheits-Check Modell als eine Grundlage der Arbeitsbewertung für Interaktionsarbeit vorgestellt. Zudem gab es wichtige Hinweise für Betriebs- und Personalräte zur betrieblichen Lohngestaltung.

Danke + Ausblick:

Wir möchten uns bei allen Referent*innen, Kommentator*innen und selbstverständlich bei allen Teilnehmer*innen recht herzlich für ihre Beiträge und Rückmeldungen bedanken.

  • Die 5. Veranstaltung in dieser Reihe ist für 2022 geplant. Der genaue Termin wird noch bekanntgegeben.
  • Die Präsentationen können auf dieser Seite heruntergeladen werden.
  • Die Kommentare können wir voraussichtlich ab Ende Oktober auf dieser Seite bereitstellen.